July und der Riese

Geschrieben von Florentine Hein

„Nein, was soll das, lass mich sofort los!“

July stampfte mit dem Fuß auf. Ihre Wut war so groß, dass dieser komische schneeweiße Riese, der vor ihr aufgetaucht war, eigentlich im Boden versinken müsste.

Tat er aber nicht. Er grinste nur in seinen langen Bart. Anscheinend machte er sich auch noch über sie lustig! Dann streckte er die Hand aus, griff nach July, hob sie hoch und setzte sie sich auf die Schulter.

Juliy überlegte, ob sie einfach abspringen sollte. Aber der Riese schien zu wachsen. Er war schon höher als die Bäume in ihrem Garten! Also besser nicht. Vielleicht könnte sie wenigstens auf seinen Kopf klettern? Seine weißen Haare sahen aus wie Zuckerstangen. Vielleicht tat es ihm weh, wenn sie daran zog? Dann setze er sie vielleicht wieder ab …

Als könnte der Riese ihre Gedanken lesen, legte er seine große Hand um Julys Knie und hielt sie fest. Dann ging er los.

Ein Schritt – über die Straße.

Ein Schritt – über ein Haus.

Ein Schritt – über den Wald.

„Hey!“, rief July in sein Ohr. „Sag mir wenigstens, was das hier soll!“

Die Schultern des Riesen bebten. Lachte er sie etwa aus?

Nun wurde ihr doch mulmig. Sie klammerte sich an sein Ohrläppchen und starrte nach unten.

Bei jedem Schritt des Riesen färbte sich die Welt unter ihnen weiß.

Sie mochte das grüne Gras, die bunten Blumen und ihr gelbes Haus. Was sollte das sein, eine Welt ohne Farben?

July schaute sich um. Alles kam ihr fremd vor. Nur weiße Felder. Wie ein großes Nichts.

Wo war sie hier eigentlich?

Sie wollte nach Hause, zu Mama …

„Bring mich zurück!“, schrie sie den Riesen an. „He, hörst du nicht? ZURÜCK!“

Der Riese reagierte nicht. Er machte noch einen Schritt. July merkte, wie sie zu zittern begann …

„July, July“, hörte sie da die sanfte Stimme ihrer Mutter wie aus weiter Ferne. „Süße, alles gut, du träumst doch nur.“

Langsam tastete July sich zurück. Sie roch den Duft der frisch gewaschenen Bettwäsche, spürte Mamas Hand auf ihrer Stirn.

„Nur geträumt“, murmelte sie. „Mama, ich glaube, ich hatte so etwas wie einen Alptraum.“

„Alles gut, mein Schatz.“ Mama lächelte sie mit ihren warmen braunen Augen an. „Komm, ich mach dir einen Träum-süß-Tee. Und wenn du magst, dann schau mal aus dem Fenster.“

„Aus dem Fenster? Was ist da?“ Schon schwang July die Füße aus dem Bett. Mit nackten Sohlen tappte sie durchs Zimmer.

Was war denn da draußen los?

Im Licht der Straßenlaterne wirbelten weiße Flocken umher. Auf der Straße, dem Bürgersteig, den Autos – überall eine weiße Schicht.

„Schnee, hurra!“, jubelte July, öffnete das Fenster und streckte die Hand hinaus. Eine Schneeflocke fiel darauf. Kalt und nass.

„Hu, July, fall nicht raus!“ Mama stand neben ihr und lachte. „Es ist noch ganz früh. Du kannst noch eine Weile schlafen.“

July sah die Tasse, die Mama in den Händen hielt. Ihre blaue Tasse mit den kleinen Sternen darauf. Sie griff danach. Der Tee war noch heiß, aber er schmeckte süß. July trank ihn in kleinen Schlucken.

„Mama, weißt du was, ich war wütend im Traum und hatte Angst. Da war ein weißer Riese. Aber der hat uns den Schnee gebracht.“

„Toll, so ein Schneeriese.“ Mama stupste July zurück ins Bett und zog ihr Decke bis unters Kinn. „Wenn du aufwachst und der Schnee ist noch da, können wir ja einen Schneemann für ihn bauen.“

July spürte die Wärme des Tees im Bauch. Jetzt würde sie gut schlafen und schön träumen, ganz sicher. Sie kuschelte sich gemütlich zurecht.

Kurz bevor sie einschlief, schaute July noch einmal zum Fenster. Da entdeckte sie ein großes, weißes Gesicht mit Haaren wie Zuckerstangen. Der Schneeriese. Er zwinkerte ihr zu.

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